Weihnachten in Japan
Das Fest der Liebe auf japanische Art
Vor Kurzem fragte mich eine Freundin, ob man denn in Japan Weihnachten feiere. Ich bejahte dies, war jedoch kurz verwirrt, warum sie diese Frage stellte. Erst nach kurzem überlegen wurde mir wieder bewusst, dass diese Frage durchaus berechtigt ist, denn obwohl viele Dinge aus dem Westen ihren Weg nach Japan gefunden haben, ist das Christentum selbstverständlich nicht die vorherrschende Religion.


Weihnachten ist das, was du daraus machst
In Japan wird Weihnachten nicht groß gefeiert, denn es sind ganz normale Tage. Weihnachtsfeiertage und große Familienzusammenkünfte gibt es nicht. Trotzdem hat sich die ein der andere Tradition eingeschlichen.
Manche Familien haben eingeführt, dass ihre Kinder am 24.12. oder 25.12. beschenkt werden. Hier kommt jedoch nicht das Christkind, sondern Santa Claus.
Allen voran ist Weihnachten jedoch ein Fest für Pärchen. An Heiligabend (クリスマス・イブ) haben viele Japaner ein Date - ein bisschen so, wie am Valentinstag. Ähnlich wie im Februar bereiten sich die Geschäfte und Einkaufszentren schon Wochen vor Weihnachten auf diese Zeit vor.
Allen voran die Bäckereien und Konditoreien, denn was wäre Weihnachten, ohne den Christmas Cake (クリスマス・ケーキ)?
Der Christmas Cake ist eine Torte aus lockerem Biskuitboden, zwischen dessen Schichten sich Sahne und Erdbeeren befinden. Den Kuchen bestellst du sicherheitshalber vor, denn niemand möchte Gefahr laufen, am Fest der Liebe keinen solchen Kuchen zu haben.
Hast du die Vorbestellung vergessen, kannst du dein Glück natürlich noch vor Ort versuchen, garantiert ist der Erfolg aber nicht.
Ich dachte am Anfang immer, dass dieser Kuchen ein Pärchending wäre, aber tatsächlich hat er sich so etabliert, dass ihn einfach jeder haben will.
Das klassische Datingprogramm hingegen sieht vor, dass man fein in einem Restaurant zu Abend isst, einen Spaziergang durch die opulent beleuchteten Straßen nimmt und letztendlich in einem Hotel landet.


Nicht ohne Weihnachtsbeleuchtung
Während im weihnachtlichen Amerika viel Beleuchtung mit mal mehr und mal weniger Kitsch kombiniert wird, schafft man in Japan ganze Lichterlandschaften - meist jedoch ohne Kitsch.
Straßen, Gebäudekomplexe und manchmal sogar Parks werden mit unzähligen Lichtern geschmückt. Zugegeben: das sieht auch abseits von Weihnachten schön aus, kostet jedoch Milliarden von Yen.
Diese Lichterlandschaften sind jedoch ideal für einen romantischen Spaziergang zu zweit.


Frittiertes Hühnchen statt Weihnachtsgans
Für all diejenigen, die kein Date haben, oder den Abend lieber mit der Familie feiern, gibt es - abgesehen vom Christmas Cake - noch eine weitere Weihnachtstradition, die zunächst etwas merkwürdig klingt.
Denn jedes Jahr an Weihnachten wird der Fast-Food-Kette Kentucky Fried Chicken die Bude eingerannt, denn das typische Weihnachtsessen besteht in Japan aus frittierten Hühnchen.
Die Geschichte zu dessen Herkunft besagt, dass einst ein Amerikaner zu Weihnachten einen Truthahn haben wollte, da dieser ja zu Weihnachten irgendwie dazugehöre. Da er einen solchen aber nicht finden konnte, beschloss er kurzerhand, dass Hähnchen dem wohl am nächsten kommen würde.
Die gewiefte Marketingabteilung von KFC inspirierte diese Geschichte so sehr, dass sie 1974 eine Marketingkampagne mit dem Namen „Zu Weihnachten Kentucky“ (クリスマスにはケンッタキー) auf die Beine stellte. Diese sorgte dafür, dass sich frittiertes Hühnchen als traditionelles Weihnachtsessen in Japan etablierte.
KFC bietet sogar regelmäßig Weihnachtsboxen an, die sich auch vorbestellen lassen.
Übrigens: Meine ehemaligen Studienkollegen wussten stellenweise selbst nicht, was hinter diesem Traditionsessen steckt, bestätigten jedoch, dass es zu Weihnachten irgendwie dazugehöre.


Weihnachtsmärkte in Japan
Zugegeben, Weihnachten in Japan wurde schon sehr stark vom amerikanischen Weihnachtsfest inspiriert. Und das ist auch vollkommen in Ordnung, denn mit nur rund 1% Christen im Land, hat das Fest für die wenigsten einen religiösen Hintergrund und sie können es meiner Meinung nach ganz und gar so feiern wie sie wollen.
Ein bisschen Weihnachtskultur aus Deutschland hat es dann aber doch nach Japan geschafft, denn die Weihnachtsmärkte (クリスマス市 oder クリスマスマーケット) werden immer beliebter. Sie sind meist nicht so groß wie bei uns und auch nicht so häufig, aber es reicht, um ein paar Heimatgefühle aufkommen zu lassen. Bei heißem Glühwein, deftiger Bratwurst und leckerem Lebkuchen fühlt man sich fast wie zu Hause.


Ich hoffe, ich konnte dir einen kleinen Einblick ins weihnachtliche Japan geben. Bedenke jedoch, dass das beschriebene Weihnachten in Japan genauso wenig für alle Japaner gilt, wie das traditionelle Weihnachten bei uns. Letztendlich feiert doch jeder so, wie er oder sie es möchte.
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Ein sehr schöner Artikel – vielen Dank für die Schilderung :-)
Liebe Grüsse aus der Schweiz
Marc